Hagelunwetter auf der Schwäbischen Alb
Hagelunwetter hinterließ eine Wüste der Zerstörung
Als sich am 28. Juli 2013 der Himmel verfinsterte ahnte noch keiner was für ein Unwetter im Anmarsch war. Erst als der Wind um die Häuser pfiff und allmählich Sturmböen aufkamen, die Bäume kräftig durchschüttelten, Blätter durch die Luft peitschten und dicke Äste zu Boden rissen, war klar, dass es sich um eine größere Gewitterfront handeln musste, die über die Landkreise Tübingen, Reutlingen und Esslingen hereinbrach.
Dass dabei ein Schaden in Höhe von zig Millionen Euro entstehen würde, das wurde den Menschen erst bewusst, als golfballgroße Hagelkörner vom Himmel schossen die mit einer bis dahin ungekannten Wucht auf Dächer, Fenster, Autos, Felder, Weingärten und Menschen, die sich im Freien aufhielten, niederprasselten. Ein Naturereignis, das es so noch nie gegeben hat und das die meisten nur aus dem Kino kennen oder aus den Tagesthemen, wenn wieder einmal irgendwo in der Welt ein Wirbelsturm über weite Landstriche gefegt ist und eine Wüste der Zerstörung hinterlassen hat.
Durchlöcherte Hausfassaden, zerschlagene Dachplatten, zerbrochene Fenster, zerbeulte Autos, zerstörte Getreide- und Maisfelder waren nur die Spitze des Eisbergs. Tage später fanden Tierschützer immer wieder von Hagelkörnern erschlagene Vögel. Das Nabu-Vogelschutzzentrum in Mössingen teilte nach dem Unwetter mit, dass sicherlich unbemerkt Tausend Tiere umgekommen sind und dass nur wenigen geholfen werden könnte, da viele Verletzungen so schwerwiegend gewesen seien, dass den Helfern nichts anderes übrig blieb, als die betroffenen Tiere einzuschläfern.
Gabriel Greiner erinnert sich noch gut an das Hagelunwetter. Der Hülbener Feuerwehrkommandant berichtet, dass er von Sonntag bis Dienstag mit 23 Kameraden ausrückte, um kaputte Dächer mit Planen abzudichten. Am Tag des Unwetters mussten die Floriansjünger auch die Feuerwehr in Grafenberg unterstützten. „Da waren wir bis ein Uhr morgens im Einsatz“, erzählt Greiner. „Ich hörte auch, dass Menschen die in Reutlingen im Freien unterwegs waren von Hagelkörnern getroffen wurden und Platzwunden hatten.“ Der Feuerwehrkommandant kann sich an kein vergleichbares Hagelunwetter erinnern.
Hochbetrieb bei Feuerwehr und Dachdeckern
Auch Zimmerermeister Steffen Buck spricht von einem absoluten Ausnahmezustand. Er wird die Tage und Wochen nach dem Unwetter so schnell nicht vergessen. Etwa 500 Hausbesitzer riefen bei seinem Arbeitgeber an, Schadensfälle, die dokumentiert werden mussten. Der Handwerker und seine Kollegen arbeiteten die Aufträge nach Anrufeingang und Dringlichkeit in Kolonnen ab. „Wir waren vom frühen Morgen bis zum späten Abend unterwegs und manche von uns mussten ihren Urlaub verkürzen oder abbrechen“, erzählt er. „Irgendwann hatten wir von der ganzen Arbeit blutige Hände und ein Ende war nicht abzusehen.“
Gerade Häuser ohne Aufdachdämmung hat es dem Handwerker zufolge schwer getroffen Handwerker. In den Tagen nach dem Unwetter habe es geregnet, was zum Wassereinbruch führte, in dessen Folge in mehreren Fällen die Decke heruntergekommen sei und die Räume unbewohnbar wurden. Solche Schadensbilder nach einem Unwetter sind für Steffen Buck neu. Der Fachmann betont, dass selbst Orkan Lothar keine derartigen Spuren an Gebäuden hinterlassen hat. Im Nachhinein wurde viel über das Großschadensereignis diskutiert, auch über den Einsatz der am Flughafen Stuttgart stationierten Hagelflieger, die Gewitterwolken mit Silberjodid impfen, um die Hagelbildung zu verhindern. Wetterexperten betonten damals, dass die Naturgewalt zu groß gewesen sei. Gegen Gewittercluster vom Ausmaß des 28. Juli – 15 Kilometer breit und 40 Kilometer lang von Tübingen bis Kirchheim/Teck – sei der Hagelfliegereinsatz von vornherein wirkungslos, wie die Fachleute verlauten ließen.
Text: Daniela Haußmann